Achtsamkeit in der Schule mit dem Fokus auf Meditation

 







SchülerInnen werden in der heutigen Zeit von einer Vielzahl medialer als auch schulischer Reize überflutet, die sich auf das individuelle Wohlbefinden der SchülerInnen auswirken können (vgl. Michler 2017).

Dies zeigt unter anderem der aktuelle Präventionsradar der IFT, der das körperliche und psychische Wohlbefinden sowie das Gesundheitsverhalten von SchülerInnen zwischen 10 und 18 Jahren in diesem Schuljahr 2020/2021 untersucht hat. Daraus ging hervor, dass nahezu jeder zweite (45 Prozent), darunter vor allem die älteren SchülerInnen, unter Stress leiden, welcher vordergründig durch die Schule ausgelöst wird. Stress entsteht durch ein Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen der Umwelt und den eigenen Voraussetzungen und Ressourcen (vgl. Hanewinkel et. al., 2021, S.26f.). Dieser Stress äußert sich in psychosomatischen Beschwerden, wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Schlafproblemen und kann in der Schule zu motorischen Defiziten, Konzentrationsproblemen und Verhaltensauffälligkeiten führen (vgl. ntv, 2016). Da Stress in der Regel langanhaltend und nur schwer auflösbar ist, gilt es schon frühzeitig zu intervenieren und die ursächlichen Stressoren zu erkennen (vgl. aerzteblatt, 2017).

Dies führt seit einigen Jahren dazu, dass der Bedarf an Maßnahmen zur Stressbewältigung und zur Verringerung von Stress stetig zunehmen. Stressbewältigungsstrategien sollen dabei helfen körperliche Stressreaktionen langfristig abzubauen oder sie bestenfalls künftig ganz zu vermeiden (vgl. Hanewinkel et. al., 2021, S.26f.). Nennenswert sind hierbei sogenannte Achtsamkeitsprogramme, die auch im Bildungsbereich zunehmend an Popularität gewinnen.

Achtsamkeit kurz und prägnant gesagt, bedeutet, den aktuellen Zustand bewusst (intentional) wahrzunehmen, nur zu beobachten, zu fokussieren und dabei nicht zu bewerten (offen für den Moment) oder mental abzuschweifen. Achtsamkeit besteht im Wesentlichen Kern aus einer besonderen Art von Aufmerksamkeit, die in der Achtsamkeitspraxis „Gewahrsein“ genannt wird (vgl. Schmid, 2020, S.3).

Eine Form der Achtsamkeitspraxis bietet die Meditation. Das Wort Meditation wird vom lateinischen Wort „medito“ (=Ausrichtung zur Mitte) übersetzt und bedeutet so viel wie „Ausrichtung zur Mitte“. Durch diese Form der Achtsamkeitserfahrung soll sich der Geist beruhigen und die eigenen Gedanken bewusst gesammelt werden. Der Fokus auf ein Mantra wie „Om“ oder auf eine Atemtechnik, die wertungsfreie und offene Beobachtung der eigenen aufsteigenden Gefühle in diesem Moment, als auch die Einübung positiver Gefühle wie „liebender Güte“, die man dann auf seine Mitmenschen projizieren erlernt, bilden das Zentrum der Meditation (vgl. Stangl, 2021).

Die Neurowissenschaften haben herausgefunden, dass durch die Meditations- und Achtsamkeitspraxis nicht nur der Körper und der Geist entspannen. Auch die Wirkung von Achtsamkeitspraxis auf unser Gehirn ist erstaunlich. So steigt durch Meditation die Dichte an grauer Substanz im Gehirn, die neben der Intelligenz, für sämtliche Wahrnehmungsprozesse und motorische Leistungen des Menschen verantwortlich ist (vgl. Nonnenmacher, 2019).  

Genau diese Fähigkeiten sind im schulischen Kontext relevant und können durch die Meditation gesteigert werden. Sie verhelfen den SchülerInnen ihre Wahrnehmung auf jeden einzelnen Bestandteil einer Assoziationskette zu lenken, was eine Häufigkeitsminderung negativer Emotionen schafft (vgl. Sedlmeier, 2016).

Trotz der neurowissenschaftlichen Befunde und vielerlei Diskussionen, schafft es die Umsetzung von Achtsamkeitspraxen bislang noch nicht, sich im Bildungssystem deutscher Schulen zu manifestieren. Die noch nicht erfolgte Implementierung lässt sich vermutlich auf unzureichende finanzielle sowie zeitliche Ressourcen als auch einem Mangel an Aufklärung der neurowissenschaftlichen Befunde, also der Wirkung von Meditation und Achtsamkeit, zurückführen (vgl. Brandl-Leeb).

Nicht nur SchülerInnen sondern auch Lehrkräfte rücken in den Fokus der Zielgruppe von Achtsamkeit, da Meditation Sie für den zwischenmenschlichen Umgang mit den SchülerInnen sensibilisiert, als auch deren eigene Wahrnehmung steigert und deren Stress abbauen kann. Durch die erworbene Lehrerexpertise liegt das Ziel darin, dass Schüler das Konzept hinter der Achtsamkeit verstehen und auf diese auch später in schwierigen Lebensphasen zurückgreifen können (vgl. Wiener Zeitung, 2017). 

Durch schwammig definierte Gesundheitsziele im Bildungsplan kann zwar kein einheitlicher Zugang zur Gesundheitsaufklärung gewährleistet werden aber ein lehrerfreiheitlicher Rahmen. Im Lehrplan wird vom Erwerb einer Teilkompetenz gesprochen, die sich weitläufig auch der Achtsamkeitspraxis und Meditation unterordnen lässt. Hier ist von der Umsetzung und der Erfassung „regelmäßige[r] Bewegung [und] Entspannung […] als gesundheitsfördernde Faktoren des Wohlbefindens […]“ (Bildungsplan Baden-Württemberg GS, 2016) die Rede.

Unser Bildungssystem zielt primär auf die Leistungserbringung ab, was auch vollkommen berechtigt ist. Häufig werden jedoch die Nebeneffekte, wie die Auswirkungen von Stress auf den Körper und die Seele, außen vorgelassen, was wiederum zu einem Leistungsabstieg führen kann. Zu einem Leistungsabstieg sollte es erst gar nicht kommen, weswegen präventive Methoden wie die Meditation und die Achtsamkeit den SchülerInnen dazu verhelfen können, aufkommenden Stress frühzeitig zu erkennen und zu bewältigen als auch ihren Körper bewusster wahrzunehmen. 


Quellenverzeichnis:

Aerzteblatt.de (2017): Fast jeder zweite Schüler leidet unter Stress. Unter https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/77981/Fast-jeder-zweite-Schueler-leidet-unter-Stress [Eingesehen am 09.11.2021].

Bildungsplan Baden-Württemberg GS (2016): Standards für inhaltsbezogene Kompetenzen -Körper und Gesundheit. Unter: http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW_ALLG_GS_SU_IK_3-4_02_01.2 [Eingesehen am 15.11.2021].

Brandl-Leeb, C.: Meditation in der Schule sorgt für Wohlbefinden. Unter: https://www.ursachewirkung.com/achtsamkeit/1635-meditation-in-schulen-sorgt-fuer-wohlbefinden [Eingesehen am 09.11.2021].

Prof.  Dr.  Hanewinkel, R.; Dr. Hansen, J.; Neumann, C.; Petersen, F.L. (2021): Präventionsradar Erhebung Schuljahr 20/21 Kinder- und Jugendgesundheit in Schulen. In:  Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (Hrsg.), 1. Auflage. Kiel: IFT Nord, S. 26f.

Michler, I. (2017): Das falsche Jammern über zu viel Stress in der Schule. In: WELT.  Unter https://www.welt.de/wirtschaft/article162832231/Das-falsche-Jammern-ueber-zu-viel-Stress-in-der-Schule.html [Eingesehen am 09.11.2021].

Dr. med. Nonnenmacher (2019): Graue Substanz. Unter https://medlexi.de/Graue_Substanz [Eingesehen am 09.11.2021].

ntv (2016): Mediale Reizüberflutung- Schüler schlagen Lehrern auf die Gesundheit. Unter https://www.n-tv.de/wissen/Schueler-schlagen-Lehrern-auf-die-Gesundheit-article17556651.html [Eingesehen am 09.11.2021].

Schmid, T. (2020): Was ist Achtsamkeit? Eine kurze Einführung in Philosophie, Anwendung und Forschungserkenntnisse von Achtsamkeit. 2.Auflage. S.3.

Sedlmeier P. (2016):  Achtsamkeit- Meditation und Wissenschaft. In: Forschung & Lehre. 9.Ausgabe.

Stangl, W. (2021). Stichwort: 'Meditation – Online-Lexikon für Psychologie und Pädagogik. Unter https://lexikon.stangl.eu/418/meditation [Eingesehen am 09.11.2021].

Wiener Zeitung (2017): Achtsamkeitspädagogik - Das meditierende Klassenzimmer. Unter https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/885373-Das-meditierende-Klassenzimmer.html [Eingesehen am 14.11.2021].

Bildverzeichnis:

Abb. 1: Brandl-Leeb, C.: Meditation in der Schule sorgt für Wohlbefinden. Unter: https://www.ursachewirkung.com/achtsamkeit/1635-meditation-in-schulen-sorgt-fuer-wohlbefinden [Eingesehen am 09.11.2021].


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